Los ging es bereits um 10 Uhr mit dem Straßenjazz zum Umwelt- und Erlebnismarkt, der wieder von zwei bewährten Gruppen bestritten wurde, den niederländischen Gästen „Four Wheel Drive“ und dem Arnschter Urgestein, den „Dixie Syncopaters“.
Bewährt hat sich offenbar auch die „Jazz-Stadtführung“, die mit etwa 30 Interessenten bestens besucht war. Das musikbegeisterte Publikum ließ sich genüsslich durch die Geschichte der Stadt und des Jazz führen und fand offensichtlich Gefallen an den eingestreuten Live-Aktionen wie den Jazzgedichten in der Liebfrauenkirche und dem Mundharmonika-Konzert in der Oberkirche. Krönender Abschluss war die kleine Jam-Session der Dixieland- Bands auf dem Markt.
Auch der rührige Oberkirchenverein wollte im Jazzfieber mitmischen. Er tat es mit dem Konzert der „True-Note-Combo“, die aus Musikern der Bigband der „Musikschule Ottmar Gerster Weimar“ zusammengesetzt ist. Das jugendliche Quintett jazzte souverän und mit großer Spielfreude durch die Jazzgeschichte. Ein schöner Auftakt zum Kneipenjazz.
Dieser entpuppte sich einmal mehr als Publikumsmagnet. Aber auch die dargebotene Musik war so vielfältig und hochkarätig wie selten zuvor. So gelang es der IG Jazz in diesem Jahr, in den sieben Konzerten sage uns schreibe fünf verschiedene Jazzstile zu präsentieren.
Einmal war dies natürlich der Blues, der Vater des Jazz und des Rock zugleich, zu dem das Bier bekanntlich immer noch am besten schmeckt. Dieser erdige, kraftstrotzende Musikstil war durch „Slide Riders“ im „Burgkeller“ und „Bluesrausch & Co.“ im „Längwitzer Hof“ bestens repräsentiert. Auch die Freunde des frühen Jazz kamen wieder mit den schon im Straßenjazz aufspielenden Niederländern der Gruppe „Four Wheel Drive“, die in der Weinstube „Schellhorn“ das Publikum aufmischten, voll auf ihre Kosten. Der Jazz im engeren Sinne, in Form des Neobop, wurde dieses Mal vom „Jupp Geyer Quintett“ in der „Kulisse“ gekonnt und energisch vorgetragen.
Die Abschlussmucke vor dem Theatercafé war schließlich bei der Berliner Funkband „Double Identity“ in den besten Händen.
Wenn der Kneipenjazz die Seele des Jazz-Weekend ist, so war die Seele des diesjährigen Kneipenjazz die Weltmusik, die auf völlig unterschiedliche Weise von den Formationen „Ensemble Cadeaux“ („Sonne“ und zum Frühschoppen am Sonntag) und „Äl Jawala“ (auf dem Markt) interpretiert wurde.
Das „Ensemble Cadeaux“, das eher auf Tradition und Akustik setzte, begeisterte durch Virtuosität und Vielfalt der Musik. Man fühlte sich ein wenig an die von den Franzosen in den 90er Jahren erfundene „Folklore Imaginaire“ erinnert. In jedem Falle bewies diese Kölner Formation, dass die Musik, die man gemeinhin Folklore oder Weltmusik nennt, noch immer geeignet ist, dem Jazz neue Kräfte zuzuführen.
Der erste Preis im diesjährigen Kneipenjazz dürfte aber der Gruppe „Äl Jawala“ zukommen. Dieser originellen Formation gelang der Spagat zwischen der Volksmusik des Balkan und modernen Sounds im Technound House-Stil. Mit ihrer musikalischen Energie gelang ein kleines Wunder: die Leute in Arnstadt zum Tanzen zu bringen. Und noch schöner: es waren nicht nur die üblichen Verdächtigen, sondern in erster Linie junge Leute, die zur furiosen Musik begeistert ausflippten.
Mitschuld an der guten Stimmung des Samstagabend trug sicherlich auch das Wetter. Herrlich schwül – warm wie in New Orleans, wo der Jazz bekanntlich geboren ist.
Klaus Ehring / 06.06.11 / TA